Caissons collés – complètement sans vis
Hohlkästen – Zusätzlich zu herkömmlichen Wand-, Decken- und Dachelementen sorgen verleimte Kastenelemente für große Spannweiten und niedrige Querschnitte. Mit der Produktionsmethode mit pneumatischer Druckerzeugung lässt sich die Unterseite der Elemente auch in Sichtqualität ausführen.
Bauen mit Holz, Ausgabe 07/08 2018
Das neue Clubhaus des Golfclubs Bad Ragaz fällt durch ein schlankes Design und weites Raumgefühl auf. Verantwortlich dafür ist die Tragstruktur des Dachs, in der Kastenelemente zum Einsatz kamen. Diese Elemente bieten für Holzbauer eine Erweiterung ihres Portfolios, denn dank einer neuen Vorrichtung können sie ohne viel Aufwand in die bestehenden Produktionsanlagen integriert werden.
Die Kastenelemente unterscheiden sich von herkömmlichen Holzdeckenkonstruktionen durch den Einsatz von Klebstoff als Verbundmittel. Dabei werden Holzträger ein- oder beidseitig mit Holzwerkstoffplatten zu Flächentragwerken verklebt. Die haben gegenüber geschraubten Holzdecken oder Balkentragwerken verbesserte statische Eigenschaften, was längere Spannweiten ermöglicht und die Querschnitte bis zu einem Drittel reduziert.
Vorteile von verklebten Bauteilen entscheidend
Diese Vorteile waren beim Einsatz im Clubhaus entscheidend. Die Hohlkästen waren bis zu 16 m lang, mit maximal 4 m Auskragung und Spannweiten bis 12 m. Ingenieur Matthias Eisele von der merz kley partner AG, der für die Planung zuständig war, erklärt, dass gar keine andere Dachkonstruktion infrage gekommen wäre.
„Solche Spannweiten bei solch schmaler Ausführung wären ohne die verklebten Hohlkästen in Holz nicht möglich gewesen, und in Beton wäre das Ganze viel zu schwer geworden.“
Bei der merz kley partner AG hält man viel von Kastenelementen und versucht deren Vorteile in Konstruktionen gezielt einzusetzen und ihr Potenzial voll auszunutzen. In anderen europäischen Ländern ist deren Einsatz noch etwas neuartig, aber in der Schweiz konnte in den letzten Jahren ein regelrechter Boom von Kastenelementen beobachtet werden, auch wenn dies bei fertigen Bauten nicht immer augenscheinlich ist. Wie im Fall des Clubhauses können mit den höheren Spannweiten jedoch spannende Effekte erzielt werden.
Vereinfachte Produktionstechnik
Zum Boom beigetragen haben vermutlich auch die vereinfachten Produktionsmethoden für Kastenelemente. Lange Zeit musste der zum Verkleben der einzelnen Bauteile notwendige Druck mit Tellerkopfschrauben aufgebracht werden, was nicht nur teuer, sondern auch sehr zeitaufwendig war. Vor fünf Jahren brachte der Schweizer Maschinenhersteller woodtec Fankhauser GmbH eine Erweiterung zu seinem im Holzrahmenbau bereits weit verbreiteten Elementbautisch auf den Markt, die es erlaubt, Kastenelemente mit pneumatischem Druck zu verkleben. Dieses System kam beim ausführenden Holzbauunternehmen des Clubhauses in Bad Ragaz, der Künzli Holz AG in Davos, zum Einsatz, um die 16 m langen Kastenelemente zu verkleben.
In der Praxis wurde ein vorgefertiges Balkenelement mit zwei 39-mm-Kertoplatten unten und oben verklebt. Eine zusätzliche Form wurde vorab auf den Elementbautisch gelegt, um das gesamte Element 15 mm zu überhöhen. Die Pressbügel der Pressvorrichtung wurden als Paket mit dem Kran aufgesetzt und zu beiden Seiten des Elements via Spreizanker im Elementbautisch verankert. Der Pressdruck wird durch einen Pressschlauch hergestellt, der aus dem Inneren des Pressbügels auf das Element drückt. Dadurch wird nicht nur mit konstanter Kraft nachgedrückt, sobald der Klebstoff austritt, sondern der Pressdruck kann auch genau reguliert und vor allem für Qualitätsnachweise garantiert werden.
„Beim Verkleben kam der HBS 309 von Henkel/ Purbond zum Einsatz“, erklärt Tim Bitterli, Projektleiter bei der Künzli Holz AG. Dieser Klebstoff hat eine offene Zeit von 30 min, das heißt, innerhalb dieser Zeit muss das gesamte Element zusammengebaut und die Presseinheiten müssen unter Druck gesetzt werden. Die Presseinheiten werden in Abständen von 50 cm auf dem Element angebracht und bringen bis zu 4 t Druck pro Einheit. Die Presszeit ist dann 2.5-mal so lange wie die offene Zeit des Klebstoffs. Für den Bau wurden von den 2.500 m2 Elementen rund 1.650 m2 als Kastenelemente ausgeführt, mit einer Produktionszeit von etwa zehn Tagen.
Kastenelemente bieten dem Holzbauer mehr Möglichkeiten
Für den Davoser Holzbauer ist es nicht das erste Mal, dass solche langen Elemente hergestellt wurden. Für eine Ausstellungshalle in Chur wurden Elemente produziert, die 20 m frei gespannt waren. Im Normalfall seien die Elemente jedoch eher zwischen 7 und 9 m lang, erklärt Franz Hauzenberger, Leiter Holzbau bei der Künzli Holz AG. Obwohl er überzeugt ist, dass Ingenieure in Zukunft die Vorteile der großen Spannweiten noch viel mehr ausnutzen werden, sieht er eine etwas versteckte Revolution im Holzbau bei diesen kürzeren Elementen.
Der Vorteil von verklebten Elementen sei beispielsweise bei Einfamilienhäusern nicht zu unterschätzen. Denn auch dort sind größere Spannweiten immer mehr gefragt. Außerdem kann die Geschossdeckenhöhe um bis zu einem Drittel reduziert werden, was für mehr Raumhöhe sorgt und mehr Licht. Ausschlaggebend ist jedoch vielfach die Deckenuntersicht: Da die Elemente verklebt und anschließend pneumatisch gepresst werden, sind keine Schrauben notwendig, und die untere Platte wird oft in Sichtqualität ausgeführt. „Gerade mit Dreischichtplatten kann man ästhetisch exklusive Effekte erzielen, die bei den Bauherren ausgesprochen gut ankommen“, meint Hauzenberger. „Die fertige Oberfläche macht das Verleimen außerdem wirtschaftlich sehr interessant.“
Eine weitere Chance sieht Hauzenberger bei mehrgeschossigen Gebäuden, bei denen die verbesserte Schwingungssteifigkeit der verklebten Elemente zum Tragen kommt. Die Firma hat schon Sechsgeschosser komplett aus Holz gefertigt, mit den Geschossdecken aus Kastenelementen. „Das erlaubt uns, den Mehrwert im Betrieb zu behalten, statt alternative Produkte wie Brettsperrholz-, Brettstapel- oder gar Holz- Beton-Verbunddecken extern zuzukaufen“, meint Hauzenberger. Bei öffentlichen Ausschreibungen werde nach Möglichkeit immer eine Unternehmervariante mit verleimten Elementen eingegeben, die meistens sehr gut ankomme.
Neues Konzept: Modulare Arbeitsstationen
Das Schweizer Unternehmen war außerdem eines der ersten, die auf ein neues Produktionskonzept für den Holzrahmenbau umgestiegen sind, bei dem Elemente auf sogenannten modularen Arbeitsstationen produziert werden. Dabei gibt es nicht verschiedene Arbeitstische, auf denen jeweils ein Element hergestellt wird, sondern einen langen Tisch (37,5 m im Fall der Künzli Holz AG), der auftragsbezogen je nach Länge der Elemente in unterschiedliche Arbeitsstationen unterteilt wird.
Hauzenberger hat das Konzept vor sechs Jahren während seiner Studentenarbeit selbst untersucht und bei der Künzli Holz AG direkt umgesetzt. Da Produktionsfläche ein akutes Thema war, konnte dadurch der Platz sehr optimiert werden, sodass auf der gleichen Fläche heute doppelt so viele Quadratmeter an Elementen hergestellt werden. Außerdem ist die Anlage damit natürlich viel besser ausgelastet und schneller amortisiert.
Der woodtec Elementbautisch, auf den damals die Entscheidung gefallen ist, eignet sich für dieses Konzept dank seines modularen Systems sehr gut. Ausgehend von einem Grundmodul von 3, 0 x 1.5 m und mit zusätzlichem Zubehör wie Tischverbreiterungen kann jede Tischbreite und -länge zusammengestellt werden. „Oft stellen wir auch fest, dass Betriebe mit einem 9-12 m langen Tisch anfangen und diesen bei Bedarf verlängern, um die Produktion zu steigern“, erklärt Thomas Fankhauser, Geschäftsleiter und Gründer der woodtec Fankhauser GmbH.
Auch bei den Kastenelementen kam das neue Konzept dem Unternehmer zugute. Während ein Element verpresst wurde, konnte auf einem anderen Teil des Tisches ein zweites bereits vorbereitet werden. Falls nicht verleimt wird, können auf dem Tisch normale Holzrahmenelemente hergestellt werden, sodass ein ganzer Bau auf derselben Arbeitsfläche hergestellt werden kann. Bei woodtec ist man überzeugt, dass dieses neue Produkt das Sortiment der Holzbauer ideal ergänzt und dem Holzbau selbst für die Zukunft vielversprechende Möglichkeiten eröffnet.